Mehr als nur Hautprobleme – Neurodermitis und mentale Gesundheit

Shownotes

Wie kann ich einen positiveren Umgang mit Neurodermitis finden und die Krankheit als Teil von mir akzeptieren? Und was kann ich außerdem tun, um mich in meiner Haut wohler zu fühlen? In der heutigen Folge gibt die Psychologin und Psychotherapeutin (in Ausbildung) Viviane Hähne Tipps, wie man Hilfestellungen für einen besseren Umgang mit der Erkrankung finden kann. Im Gespräch mit Alissa Stein und ihrem Co-Host, dem Dermatologen Dr. Max Tischler, erklärt sie, welchen Einfluss Psyche und Neurodermitis aufeinander haben und was Betroffene für ihre mentale Gesundheit tun können.

Weitere Tipps und Hilfestellungen zu mentaler Gesundheit und Neurodermitis gibt es hier: Schau Dir noch mehr Tipps für eine bessere Stressbewältigung an. Hole Dir weitere Impulse zum Thema „Positives Denken lernen“. Hilfreiche Ratschläge findest Du außerdem im Instagram-Live mit Viviane Hähne und Dr. Max Tischler.

Weitere Informationen findet Ihr hier: www.leben-mit-neurodermitis.info

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Transkript anzeigen

Podcast-Reihe

„Leben mit Neurodermitis – Der Hautnah-Podcast“

Transkript Folge 12: Mehr als nur Hautprobleme – Neurodermitis und mentale Gesundheit

Sprecher/in: Alissa Stein, Dr. Max Tischler sowie Viviane Hähne

Alissa Stein: Herzlich willkommen zu unserer neuen Episode der Podcast-Reihe „Leben mit Neurodermitis – Der Hautnah-Podcast“. Juckreiz, der einen in den Wahnsinn treibt, Stigmatisierung und Scham, die psychisch belasten, ja, und Stress, der die Symptomatik von Neurodermitis verschlimmert – all diese Faktoren können die mentale Gesundheit von Neurodermitis-Betroffenen beeinflussen. Umso wichtiger ist es, einen Blick auf die psychische Komponente bei der chronischen Hauterkrankung zu werfen, offen darüber zu sprechen und aufzuklären. Denn die Auswirkungen auf das Leben von Betroffenen sollten ernstgenommen und nicht unterschätzt werden. Wie kann ich dem Thema Stress bei Neurodermitis begegnen? Was kann ich tun, um mich in meiner Haut wohler zu fühlen, und woran erkenne ich, ob die Neurodermitis meine mentale Gesundheit so stark beeinflusst, dass ich nicht mehr „nur“ eine schlechte Phase habe, sondern eine ernstzunehmende psychische Erkrankung wie z. B. eine Depression oder Angststörung? Um diese Fragen zu beantworten haben wir dieses Mal die Psychologin und in der Weiterbildung zur Psychotherapeutin befindende Viviane Hähne eingeladen und gemeinsam mit meinem Co-Moderator Dr. Max Tischler sprechen wir darüber, welchen Einfluss Psyche und Neurodermitis aufeinander haben und was Betroffene für ihre mentale Gesundheit tun können. Liebe Viviane, lieber Max, schön, dass Ihr heute hier seid. Ich freue mich schon sehr auf dieses spannende Gespräch, und gemeinsam werden wir in dieser Folge einige Fragen rund um die mentale Gesundheit und Neurodermitis beantworten, die ja auch viele Betroffene brennend interessieren. Ja, liebe Viviane, lieber Max, schön, dass Ihr heute mit dabei seid.

Viviane Hähne: Hallo, schön, hier zu sein.

Dr. Max Tischler: Hallo Alissa, schön, den Podcast wieder mit Dir zusammen aufzunehmen. Ich freue mich drauf.

Alissa Stein: Ja, auch ich freue mich auf unser spannendes Gespräch, und gemeinsam werden wir in dieser Folge einige Fragen rund um die mentale Gesundheit und Neurodermitis beantworten, die ja auch viele Betroffene brennend interessieren. Jetzt, bevor wir aber in das Thema starten, stellen wir aber erst einmal unseren Gast vor. Viviane, magst Du ein paar Worte zu Dir sagen?

Viviane Hähne: Na klar, gerne. Hi, ich bin Viviane und bin Psychologin und Psychotherapeutin in Ausbildung, wie Du schon so schön erklärt hast. D. h., ich arbeite mit Patient*innen in einem Krankenhaus und aber auch in Online-Sitzungen und nebenbei gebe ich mir ganz viel Mühe, so viel Psychologiewissen, Wissen über psychische Gesundheit auf Social Media zu teilen in Form von Videos oder hier und da auch mal in Podcasts wie heute.

Alissa Stein: Ja, toll, dass Du uns heute an Deinem Wissen teilhaben lässt, und Du bist damit noch nicht mit der Vorstellung entlassen, denn wie in unserer letzten Podcast-Folge beginnen wir auch heute mit unserer Rubrik, wo wir Dir drei schnelle Fragen stellen. Ich hoffe, Du bist bereit und kannst uns direkt als erstes beantworten, wie Du selber Stress abbaust.

Viviane Hähne: Ja, bei mir ist da ein ganz großes Schlagwort, das mir zuerst in den Kopf kommt, Sport. Ich mache sehr gerne Sport, vor allem Crossfit im Moment. Das hilft mir Stress abzubauen. Und auch ein ganz großer Faktor bei mir, Schlaf zu priorisieren. Wenn ich gestresst bin, dann weiß ich, ich muss meinen Schlaf priorisieren, ich muss genug und gut schlafen, und das hilft mir sehr.

Alissa Stein: Wunderbar. Und, wie ist es denn bei Dir, magst Du lieber Kaffee oder Tee?

Viviane Hähne: Kaffee, da muss ich nicht drüber nachdenken, Kaffee.

Alissa Stein: Das war eindeutig. Dann zur dritten und letzten Frage: Gibt es etwas, auf das Du nie verzichten könntest, und wenn ja, was ist es?

Viviane Hähne: Ja, ich glaube, das wären ziemlich sicher meine Freunde und meine Familie, weil, es könnte sich wahrscheinlich alles um mich herum verändern, meine komplette Lebenssituation, aber wenn die da sind, dann habe ich das Gefühl, dass es alles machbar ist.

Alissa Stein: Schön. Ja, ganz lieben Dank, dass Du uns einmal noch mehr über Dich verraten hast, und Ihr beiden, bevor wir jetzt direkt in unser Thema einsteigen, möchte ich kurz noch einen generellen Hinweis geben, denn in dieser Podcast-Folge, da geht es unter anderem um psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen, und wenn Du Dich gerade emotional nicht stabil genug fühlst, um mit diesem Thema umzugehen, dann höre am besten nicht bzw. nicht alleine weiter. Hilfe oder Unterstützung findest Du z. B. bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 111 0 111. Ja Ihr beiden, lasst uns in unser Thema starten. Zahlreiche Studien belegen den wechselseitigen Einfluss von Neurodermitis-Symptomen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen. Das bedeutet also, dass sich die Psyche auf die Neurodermitis auswirken kann, andersherum aber auch, dass sich die Neurodermitis auf die mentale Gesundheit niederschlagen kann. Max, kannst Du uns einmal genauer erklären, wie genau sich Psyche und Neurodermitis gegenseitig beeinflussen?

Dr. Max Tischler: Na klar, Alissa, das mache ich gerne. Also psychische Faktoren spielen bei der Neurodermitis eine wichtige und auch wirklich nicht zu unterschätzende Rolle. Das ist auch das, was mir ganz viele Patientinnen und Patienten im Alltag immer berichten und ist, glaube ich, für die meisten gar nicht so wahnsinnig unbekannt. Denn diese Faktoren können eben einen Schub, gerade wenn es psychisch ist, einen Schub auslösen oder die Symptome der Erkrankung verschlechtern, und da würde ich vor allem gerade auf den zweiten Teil hinweisen, eine Verschlechterung oder eine Schubauslösung, das ist möglich, und gleichzeitig, wenn wir die Medaille mal drehen, ist es eben so, dass die körperlichen Symptome natürlich auch die psychische Gesundheit verschlechtern können bzw. eben zu einer emotionalen Belastung eben führen können und somit, ja, das psychische Wohlbefinden, wenn ich viele offene Stellen habe, Ekzemstellen, mich jucken muss, nicht schlafen kann, all das sind natürlich Faktoren, die dann das psychische Wohlbefinden genauso beeinflussen.

Alissa Stein: Absolut, und super, dass wir heute darüber sprechen, also ein ganz, ganz wichtiges Thema. Vivi, kannst Du uns ergänzend dazu einmal erklären, ob Neurodermitis psychisch bedingt sein kann?

Viviane Hähne: Ja, ich würde sagen, nein, also nicht komplett nur durch die Psyche bedingt, aber wie wir gerade gehört haben, kann die Psyche, unser psychischer Zustand und die Belastung, die Stressoren, die da kommen, mit eine Ursache sein und mit die Neurodermitis oder Schübe eben auslösen und verstärken. Und genauso geht das auch andersrum, dass die Neurodermitis eben unser psychisches Wohlbefinden beeinträchtigt.

Alissa Stein: Danke Dir. Wirklich spannend, was hinter dem Begriff Neurodermitis dann

Alissa Stein: ja auch steckt, und Max, für Betroffene ist es sicher gar nicht so einfach herauszufinden, ob die eigene psychische Verfassung die Hauterkrankung beeinflusst. Woran erkenne ich denn, dass es psychische Faktoren sind, die meine Neurodermitis verschlimmern?

Dr. Max Tischler: Ja, um das herauszufinden, ob es wirklich die psychischen Faktoren

Dr. Max Tischler: sind, hilft natürlich so ein Neurodermitis-Tagebuch, was wir heute schon oder auch in den vergangenen Folgen schon häufig angesprochen haben, denn das hilft ja dann auch beim Arztbesuch dabei, einen gewissen Zeitraum der Symptome zu überblicken und, ich glaube, wir kennen das alle im Alltag, man merkt sich vielleicht einen kurzen Auslöser oder hat das Gefühl, ich habe jetzt einen gewissen Auslöser, aber wenn ich mir das nicht aufschreibe oder notiere, dann kriege ich vielleicht die Punkte gar nicht mehr so zusammen, erst recht, wenn dann erstmal das Arztgespräch stattfindet.

Dr. Max Tischler: Also, eine Analyse des Tagesablaufs im Rahmen so eines Neurodermitis-Tagebuchs hilft da sicherlich herauszufinden, was sind die Ursachen, die eben den negativen Einfluss auf den Verlauf der Neurodermitis haben, und dann kann man natürlich auch sinnvoll mit einer Therapie reagieren, denn ich muss ja auch überhaupt erstmal den Auslöser kennen.

Dr. Max Tischler: Es macht dann natürlich Sinn, diese Aufzeichnung auch mit zum Arztbesuch zu nehmen, das ist ganz, ganz wichtig, und dann kann man nämlich eben auch als Arzt oder als Ärztin, ja, kriegt man einfach einen besseren Eindruck über den individuellen Patienten, die individuelle Patientin und, ja, auch die Symptome und eben dann auch die psychische Komponente der Erkrankung und inwieweit sich Neurodermitis und Psyche gegenseitig aufschaukeln oder eben sich auf die Lebensqualität gegenseitig auswirken.

Man hat natürlich das Gefühl, wenn insgesamt die Neurodermitis vielleicht noch nicht so ganz so gut kontrolliert ist, dass man das auch wirklich dann nochmal anspricht, dass man sagt: „Ok, ich habe das, was ich jetzt gemacht habe, und ich habe schon vielleicht an meiner psychischen Gesundheit gearbeitet, aber dennoch ist die Neurodermitis nicht weg“, das passt ja auch zu dem, was Vivi gerade gesagt hat, naja, dann muss es eben eine Eskalation, eine weitere Therapie, eine moderne und langfristige Therapieoption geben, und da muss man eben mit seinem Dermatologen oder mit seiner Dermatologin sprechen, denn, dass möchte ich auch nochmal verstärken, man kann alles tun für seine psychische Gesundheit, aber die Neurodermitis 100 % wegzubekommen, für das ganze Leben, das ist doch ziemlich unwahrscheinlich.

Alissa Stein: Ja, jetzt haben wir gerade über die Wechselwirkung zwischen Psyche und Neurodermitis gesprochen, Max, wie kann es sich denn bemerkbar machen, wenn sich die Neurodermitis auf meine mentale Gesundheit auswirkt?

Dr. Max Tischler: Ganz wichtige Frage, Alissa. Ich hatte das ja schon so ein bisschen angedeutet, dass die Symptome der Neurodermitis, das sind ja die Rötungen, das sind die Entzündungen, das ist der Juckreiz, das Nässen, die können für die Betroffenen eben nicht nur körperlich belastend sein, was absolut nachvollziehbar ist, sondern eben auch das Selbstwertgefühl und damit ja auch die Psyche beeinflussen. Das gilt übrigens ja für den Privatbereich als auch für den beruflichen, gesellschaftlichen Bereich. Es spielt dabei häufig eben eine Rolle, dass viele Betroffene aufgrund der sichtbaren Hautveränderungen im Verlauf ihrer Erkrankung nach wie vor eben Diskriminierung, Stigmatisierung oder auch so etwas wie soziale Ausgrenzung erfahren und demensprechend dem ganzen ausgesetzt sind. Und solche Vorkommnisse, die haben natürlich einen großen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden und können Ängste und Traurigkeit auslösen, was natürlich dann extrem belastend ist. Für Neurodermitis-Betroffene ist es wichtig zu beobachten, ob es sich bei diesem negativen Verhalten und vielleicht auch diesen negativen Gefühlen oder den Ängsten, die man natürlich hat, ja, um eine vorübergehende psychische Belastung handelt oder ob es halt eben ernstzunehmende Erkrankungen oder eine ernstzunehmende psychische Erkrankung dahinter steht, gerade dann, wenn man sich nicht nur kurzzeitig mal unwohl fühlt oder lustlos fühlt, das ist, glaube ich, etwas ganz normales. Wenn das aber an mehreren Tagen und immer wieder vorkommt und man da vielleicht in so eine Art Strudel kommt, dann sollte man hier aber auf jeden Fall dann Kontakt mit seinem Arzt, seiner Ärztin oder den betreuenden Psychologen/Psychologinnen dann eben aufnehmen, denn solche Gefühle können in den meisten Fällen aus eigener Kraft oder im Gespräch auch mit den vertrauten Menschen überwunden werden. Bedenklich, das habe ich ja gerade schon gesagt, wenn eben diese negativen Phasen, die wir vielleicht auch als Tiefphasen bezeichnen können, lange anhalten und, ja, vor allem sich in den Alltag irgendwo einschleichen.

Alissa Stein: Ja, umso besser, wenn man dann das wirklich auch in einem Tagebuch niederschreibt, dass man da auch einen Überblick bekommt, weil, so, wie Du es eben gerade geschildert hast, klingt das ja wirklich ganz schön belastend. Und genau deshalb möchten wir heute natürlich auch über Strategien und Tipps sprechen, die beim Umgang mit genau diesen Belastungen helfen können. Vivi, wir hören ja auch immer von Betroffenen, wie sehr sie das Thema Stress beschäftigt. Wie kann ich dem Thema Stress bei Neurodermitis denn begegnen?

Viviane Hähne: Ja, sehr, sehr gute Frage, denn das Schöne ist ja, dass wir ganz viel machen können im Umgang mit Stress oder auch im Umgang mit belastenden Emotionen, und dass wir dem nicht ganz hilflos ausgeliefert sind. Gerade was Stress betrifft gibt es ganz viele gezielte Entspannungsübungen, Entspannungsmethoden, die man machen kann, wie z. B. das Autogene Training, die Progressive Muskelrelaxation, beides sehr bekannt und auch wissenschaftlich sehr gut untersucht. Da wissen wir, das hilft wirklich, um unseren Körper und unsere Psyche in einen entspannten Zustand zu bringen. Es müssen jetzt nicht die beiden Methoden sein, das kann auch jegliche Meditation, Atemübung, Achtsamkeitsübung sein, die mir gut tut, wo ich merke, ok, da kann ich irgendwie runterfahren. Ich kann natürlich auch andere Strategien haben, um Stress abzubauen, um mit meinem Stress, meiner Belastung gut umzugehen. Für den einen ist das vielleicht Sport und körperlich aktiv zu sein, für den anderen können das auch Hobbies sein im künstlerischen, musikalischen Bereich. Das ist sehr individuell und da darf sich auch jeder gerne für sich selbst fragen, was tut mir eigentlich gut? Wo merke ich denn eigentlich, dass ich entspannen kann, dass ich abschalten kann und dass es meinem Umgang mit Stress eben gut tut.

Alissa Stein: Ja super, wichtiger Punkt. Das ist natürlich auch eine sehr individuelle Geschichte. Gut, dass Du da nochmal drauf hingewiesen hast. Und wenn Ihr noch mehr Tipps zum Thema Stressbewältigung sucht, dann schaut auch gerne mal in unser eLearning „Tipps für eine bessere Stressbewältigung“, und die findet Ihr auch auf unserer Webseite, verlinken wir Euch aber auch sehr gerne in unseren Shownotes. Ja, bei der nächsten Frage, da kannst Du uns sicher mit Deinem psychologischen Fachwissen weiterhelfen, Vivi, denn das Selbstbewusstsein, das spielt ja für viele Betroffene eine große Rolle. Ich erinnere mich da auch an eine vorherige Folge, die wir mal hatten, wo wir auch genau das Thema angesprochen haben, denn Neurodermitis ist ja eine Erkrankung, die sichtbar ist. Wie kann ich insgesamt einen positiveren Umgang mit Neurodermitis finden und die Krankheit, sagen wir mal, als Teil von mir akzeptieren?

Viviane Hähne: Das ist natürlich gar nicht so leicht und sicherlich auch ein Prozess, und ich finde auch, als allererstes wichtig, da zu sagen, dass man sich so gut es geht versuchen sollte, den Druck da rauszunehmen. Und das darf seine Zeit kosten, ist, wie gesagt, auch nicht so einfach. Ich glaube, ein guter Anfang ist, sich eben mit der Krankheit auseinanderzusetzen, sich richtig gut damit auszukennen und zu wissen, wie zeigt sich das bei mir, was kann ich tun usw. und so fort. Da einfach Experte/Expertin für die eigene Erkrankung zu sein. Und dann eben auch Stück für Stück zu schauen, ok, das ist jetzt so, die Erkrankung gehört irgendwie zu mir und zu meinem Leben und wird sicherlich auch Teil meiner Identität sein, aber was gibt es denn da alles anderes, was mich als Person ausmacht, was meine Identität ausmacht? Da gibt es sicherlich noch ganz, ganz viele andere Facetten, Persönlichkeitseigenschaften, Stärken usw., die mich ja als Mensch ausmachen. Und das, finde ich, ist ganz, ganz wichtig, sich die Frage auch zu stellen und damit auseinanderzusetzen. Und dann wird es sicherlich auch Stück für Stück etwas leichter, die Erkrankung als Teil von mir selbst zu akzeptieren. Wenn ich da jetzt Probleme mit habe, wenn ich an der Stelle bin, wo ich denke „Ja ok, schön gesagt, aber weiß ich nicht, was macht mich denn noch aus?‘, dann kannst Du mal nahestehende Personen fragen, also Deine engsten Freunde oder Familienangehörige, denen Du vertraust, was die so meinen, wie die Dich sehen, wo die Deine Stärken sehen und was Dich für sie besonders macht. Und ich glaube, das kann helfen, da ganz viele schöne Impulse zu bekommen.

Alissa Stein: Absolut. Das sind so wertvolle Tipps, und ich glaube, in der Welt, die heutzutage ja durch Social Media dominiert ist und wo immer das Optische im Fokus steht, ist es so wichtig, sich auch auf die eigentlichen innerlichen Werte natürlich auch zu fokussieren, was uns alle auszeichnet, und ich hoffe auch, dass Ihr hier ein wenig Mut bekommen habt und Euch vor allem auch zeigt, dass Ihr auf gar keinen Fall alleine damit seid. Aber Max und Vivi, vielleicht habt Ihr ja noch den ein oder anderen Tipp, was ich außerdem noch tun kann, um mich in meiner Haut wohler zu fühlen? Max, magst Du vielleicht mal kurz starten?

Dr. Max Tischler: Ja, gerne. Ich habe mir zwei Punkte rausgesucht, und das eine ist der Punkt nochmal auf das Tagebuch vielleicht ein bisschen zurückzukommen. Wir haben ja eben darüber gesprochen, da vielleicht die negativen Auslöser dort zu identifizieren, gleichzeitig dient aber so ein Tagebuch ja vielleicht auch dazu eben sich positive Dinge nochmal aufzuschreiben, die einem geholfen haben im Rahmen eines Schubes oder im Rahmen einer komplizierten Situation, und diese positiven Dinge, dass man die sich dann wirklich auch nochmal separat aufschreibt und vielleicht immer genau dann rausholt, wenn man das Gefühl hat, jetzt wird es gerade schwierig im Umgang mit meiner Neurodermitis und vor allem der mentalen Gesundheit, weil ich da vielleicht ein bisschen in einem Tief gerade bin. Und der zweite Punkt, und auch das ist ganz, ganz wichtig, dass ich ein gutes Verhältnis jetzt, sage ich mal aus meiner Richtung, insbesondere mit dem Dermatologen oder mit dem betreuenden Arzt oder der betreuenden Ärztin halt habe, da ein vertrauensvolles Verhältnis, wo ich vielleicht dann eben auch weiß, wenn ich den nächsten Termin habe, dann kann man darüber sprechen und da kann ich daraus sehr viel Positives ziehen und gleichzeitig vielleicht auch nochmal eine Therapieoptimierung für meine Neurodermitis rausholen. Das wären so die zwei Punkte, die ich da sehen würde.

Alissa Stein: Ich danke Dir. Vivi, hast Du auch noch weitere Tipps für uns?

Viviane Hähne: Ja. Ich finde ganz wichtig, was Max am Anfang gesagt hat, dass ja das Selbstwertgefühl irgendwie auch sehr beeinträchtigt werden kann, weil Neurodermitis eben sichtbar ist und Betroffene dann unter Umständen viel Diskriminierung, Stigmatisierung begegnen, und was da gut tut, auch, um immer wieder mal den Selbstwert zu stärken, ist, sich eigenen Zielen, eigenen Projekten, dem, wo ich merke, da gehe ich drin auf, das habe ich total Lust zu machen, da fühle ich mich kompetent, sich dem zu widmen und das anzugehen. Das kann z. B. in Hobbies sein, Dinge, die man gerne macht, die man gerne lernt. Das finde ich einen sehr, sehr wichtigen Punkt. Und im Prinzip, wenn man sich so fragt, was kann ich tun, damit es mir psychisch besser geht, die Frage wird immer so oft gestellt und mag vielleicht manchmal kompliziert erscheinen, aber im Prinzip bin ich immer der Überzeugung, dass wir auch ein gutes Gefühl dafür haben, was uns gut tut. Also, was sind die Aktivitäten, bei denen Du Dich einfach glücklich fühlst und ausgelassen und entspannt und bei denen Du merkst, dass sie Dir gut tun? Dann mache auf jeden Fall viel davon, so viel es geht, und das wird sicherlich gut tun.

Alissa Stein: Ich danke Euch beiden für diese wirklich tollen Impulse und Tipps, und wir haben auch noch weitere Impulse für Euch in unserem eLearning „Positives Denken lernen“. Auch dieses findet Ihr auf unserer Website bzw. mit einem Link in unseren Shownotes. Jetzt haben wir ja schon viel zu der psychischen Belastung und deren Auswirkungen auf Neurodermitis gehört, ich habe noch einen Fakt mitgebracht, den ich wirklich, wirklich bedrückend finde: eine Statistik zeigt nämlich, dass die Hälfte der Neurodermitis-Betroffenen von Gefühlen wie Angst und Depression spricht. Vivi, woran erkenne ich, ob die Neurodermitis meine mentale Gesundheit so stark beeinflusst, dass ich, ja, nicht nur eine schlechte Phase habe, sondern eine ernstzunehmende psychische Erkrankung wie eben dann eine Depression z. B. oder Angststörung?

Viviane Hähne: Ja, das ist manchmal gar nicht so leicht, ne, weil, einerseits sagen wir immer, und es ist ja auch so, dass mal irgendwie ein schlechter Tag oder vielleicht auch mal eine schlechte Woche normal ist, und andererseits kann das aber natürlich auch zu viel werden und in Richtung psychische Erkrankung dann gehen. Also, was man auf jeden Fall sagen kann ist, dass bei der Depression zwei Hauptsymptome sind, dass ich Freude oder Interesse an den Sachen verliere, die mir normalerweise Spaß machen, also Dinge, die vorher Spaß gemacht haben, machen jetzt irgendwie gar keinen Spaß mehr, und so eine gedrückte, depressive Stimmung oder Niedergeschlagenheit ist auch ganz, ganz typisch. Das sind so die Hauptsymptome. Und dann gibt es noch andere Symptome, die zusätzlich auftreten können oder von denen normalerweise einige zusätzlich auftreten. Das wäre, dass ich irgendwie merke, ich bin ständig müde oder antriebslos, also es fällt mir schwer loszulegen, Dinge zu tun, ich habe vielleicht auch Probleme mich zu konzentrieren oder mit meiner Aufmerksamkeit. Habe vielleicht auch andere unangenehme Gefühle wie Schuldgefühle oder dass ich mich wertlos fühle, hoffnungslos, hilflos, das könnte sein. Mein Schlaf kann beeinträchtigt sein und auch mein Appetit kann sich verändert haben, das könnte dazugehören, bis hin zu natürlich Suizidgedanken und -Versuchen. Das alles können Zeichen einer Depression sein, es ist aber natürlich wichtig, das abklären zu lassen, z. B. in einer psychotherapeutischen Sprechstunde. Und was auch wichtig ist, dass die Symptome mehr als einen Tag jetzt z. B. vorkommen. Also man kann sich immer mal so eine Dauer von 1-2 Wochen anschauen. Waren da die Symptome, das, was mich da beeinträchtigt, überwiegend da, also an über der Hälfte der Tage, dann spätestens würde ich auf jeden Fall mir da Hilfe suchen.

Alissa Stein: Ganz lieben Dank. Das kann man sicher sehr gut bei sich selber auch beobachten und einfach dann auch mal notieren. Max, was würdest Du sagen, wann sollte ich mir psychologische Unterstützung bei einer Neurodermitis suchen und wie und bei wem finde ich die?

Dr. Max Tischler: Unbedingt. Andreas, vielleicht magst Du uns ja nochmal Aufschluss geben, wir wollen ja konkrete Hilfestellung auch in diesem Podcast teilen, welche Fragen sollte ich denn besprechen mit meiner Dermatologin oder mit meinem Dermatologen und über welche Themen sollten wir reden?

Dr. Max Tischler: Ja, die psychologische Unterstützung kann für manche Betroffenen sicherlich sinnvoll sein, sobald vor allem die psychische Belastung überhandnimmt. Das muss ganz klar sein, und gerade dann, wenn man sich vielleicht ausgeliefert oder ausgegrenzt fühlt oder das Ganze über einen längeren Zeitraum, wie wir schon gesagt haben, passiert, man häufig Angst hat oder die Gedanken fast nie so richtig zur Ruhe kommen, da kann es durchaus sinnvoll sein, eben therapeutische Hilfe dann auch in Anspruch zu nehmen und nicht nur mit seinen engeren Freunden oder der Familie zu sprechen, aber das ist sicherlich sonst auch erstmal ein guter Start. Dieses Gespräch und die therapeutische Hilfe dient natürlich dazu, sich so ein bisschen eine seelische Rüstung aufzubauen und damit, ja, eine innere Stärke und Stabilität zu entwickeln, damit dann eben man diese Tiefpunkte dann auch überwinden kann. Wenn Du psychische Hilfe in Anspruch nehmen möchtest, dann sind in der Regel die Hausärztinnen und Hausärzte eine sehr, sehr gute erste Anlaufstelle, können aber natürlich auch im Kontext Neurodermitis die Dermatologinnen und Dermatologen sein. Da gibt es dann eben die Möglichkeit der Überweisung an einen Facharzt oder eine Fachärztin, und auch ich weiß natürlich, dass Termine hier häufig noch schwerer als beim Dermatologen zu bekommen sind, und da kann ich nur empfehlen, dass man dann auf die Termin-Servicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung zurückgreift. Die erreicht man unter der Telefonnummer 116 117 oder unter der Homepage www.116117.de, und da kriegt man dann zumindest einen Ersttermin oder eine Erstberatung, die auch durchaus mal digital sein kann, und da hat man natürlich dann im akuten Moment auch erstmal eine Unterstützung und dann im Verlauf kriegt man dann mit der Wartezeit einen Termin vor Ort, wo man das Ganze dann nochmal weiter angehen kann. Gerade bei schweren Depressionen und in Akutsituationen, da können auch die Ambulanzen psychiatrischer Kliniken dann kontaktiert werden, wenn es dann wirklich ganz akut ist, dann kann man diesen Weg gehen. Ansonsten gibt es halt noch Möglichkeiten über die Hausärzte und Dermatologen, die dann eine psychosomatische Grundversorgung vielleicht schon mal anbieten, also ein erstes Basisgespräch, vielleicht auch digitale Tools an die Hand geben können, dass man so diesen ersten Moment, bis dann ein finaler Facharzttermin bei Psychologin oder Psychologen feststeht, das Ganze dann erstmal überbrückt.

Alissa Stein: Danke Dir Max, für die wirklich wichtigen und hilfreichen Hinweise. Ja, wenn ich mich dann entschieden habe, dass ich mir psychotherapeutische Unterstützung suche und in Anspruch nehmen möchte, dann glaube ich, tauchen ja auch direkt die nächsten Fragen auf. Vivi, magst Du uns mal erklären, wie ein Erstgespräch bei Psychotherapeut*innen abläuft und wie kann ich mir denn auch den Ablauf der weiteren Therapie vorstellen?

Viviane Hähne: Also zuerst einmal, auch, wenn das so leicht wieder gesagt ist, habt keine Angst. Das ist ja oft sehr, sehr aufregend und kostet sehr viel Überwindung vielleicht auch, zum ersten Termin hinzugehen. Das ist ganz normal, da geht es ganz vielen so und das weiß auch der Therapeut oder die Therapeutin, die Dir dann gegenüber sitzen. Beim Erstgespräch, da geht es erstmal um ein Kennenlernen, da geht es auch grob darum zu sagen, vielleicht warum Du dort bist. Du musst aber nicht sofort alles auspacken, Deine gesamte Lebensgeschichte mit den tiefsten Themen. Das ist überhaupt nicht notwendig, sondern, es geht eben darum, sich kennenzulernen, einen Überblick zu bekommen, und dann gibt es auch noch mehrere Sitzungen, die probatorische Sitzungen heißen. Das ist so eine Art Probesitzung, wo Ihr beide, also Du und der Therapeut oder die Therapeutin schauen können, ob das denn passt und Ihr Euch dann die weitere Therapie zusammen vorstellen könnt. Und wie die dann genau abläuft, was da alles so passiert, ist, zum Glück kann man sagen, sehr individuell. Da wird auf Dich eingegangen, auf die Beschwerden, Belastungen, die Du hast, und dann wird da geschaut, was Dir am besten helfen kann und dementsprechend ein Therapieplan erstellt und auch mit Dir besprochen.

Alissa Stein: Das macht doch auf jeden Fall Mut. Ganz, ganz lieben Dank. Und wie immer ist die Zeit total verflogen und ich möchte aber nicht enden, bevor ich Euch nicht nochmal nach abschließenden Tipps rund um die mentale Gesundheit mit Neurodermitis gefragt habe, die Ihr vor allem unseren Zuhörerinnen und Zuhörern gerne mit auf den Weg geben möchtet. Max, ich würde Dich als erstes bitten, nochmal Deinen abschließenden Tipp zu teilen.

Dr. Max Tischler: Ja, sehr gerne. Also ich habe mir gedacht, also „think positive“ ist auf jeden Fall etwas, was man machen sollte, was so die Marschrichtung vielleicht sein sollte, und ganz, ganz wichtig, Ihr merkt, Ihr seid nicht alleine. Wir haben, glaube ich, heute, ganz, ganz viele Tipps geteilt, wo man Kontakt aufnehmen kann, wo man Hilfe suchen kann, aber das muss nicht immer nur die professionelle Hilfe sein, sondern, und das, dieser eine Punkt, die Freunde und die Familie oder enge Bezugspersonen, die auch ansprechen, auch Rat holen, ich glaube, das ist auch etwas, was ganz schnell und ganz vielen von Euch schon mal hilft und damit, würde ich sagen, darf jeder direkt mal loslegen.

Viviane Hähne: Da bin ich auch ganz bei Max und ich würde auch vielleicht einfach nur

Viviane Hähne: noch ergänzend sagen, wenn Du das jetzt hier hörst und unter Neurodermitis leidest, dann kann ich oder können wir wirklich total gut verstehen, dass das mit echt vielen Herausforderungen einhergeht und gleichzeitig bin ich mir ziemlich sicher, dass Du alles in Dir hast, um diesen Herausforderungen zu begegnen und sie meistern zu können. Und ich finde, daran darfst Du Dich gerne immer wieder mal erinnern!

Alissa Stein: So, so wertvolle Tipps, ich möchte mich ganz herzlich bei Euch beiden be

Alissa Stein: danken. Ich glaube, wir haben heute ein irre relevantes Thema in den Fokus gerückt, hier in dieser Folge, und ja, ich möchte mich bedanken für Eure wertvollen Ratschläge und Tipps, die Ihr rund um die Psyche und Neurodermitis heute mit unseren Zuhörerinnen und Zuhörern geteilt habt.

Alissa Stein: Ja, wir haben einen spannenden Einblick in das Thema „Mentale Gesundheit und Neurodermitis“ bekommen. Danke Vivi, dass Du Dein Expertenwissen heute mit uns geteilt hast, und vielen Dank Euch beiden für den interessanten Austausch. Ich freue mich sehr, das Ihr dabei wart, liebe Vivi und lieber Max.

Viviane Hähne: Sehr gerne und danke Euch.

Dr. Max Tischler: Hat mir auch wieder richtig viel Spaß gemacht, eine tolle Folge!

Alissa Stein: Ja, spannende Tipps und Infos rund um ein Thema, das sehr viele von Euch beschäftigt, gibt es auch in unserer nächsten Folge für Euch, denn wir sprechen mit unserem Special Guest wieder über die Ernährung bei Neurodermitis. Seid gespannt und vor allem vergesst nicht unseren Podcast zu abonnieren, damit Ihr die kommende Folge nicht verpasst. Wenn Ihr die Zeit dazwischen nutzen und Euch weiter über Neurodermitis informieren und mit anderen Betroffenen austauschen möchtet, dann schaut gerne mal auch auf unserer Webseite www.leben-mit-Neurodermitis.info und natürlich unseren Instagram-Kanal @leben_mit_neurodermitis.info vorbei. Ihr habt noch weitere Fragen rund um das Leben mit Neurodermitis? Ja, dann schickt uns doch gerne mal eine Direkt-Nachricht über unseren Instagram-Kanal, und wenn Euch diese Podcast-Folge gefallen hat, dann freuen wir uns sehr über eine 5-Sterne-Bewertung. Bei Spotify geht das z. B. auch ganz schnell. Ihr müsst dazu jetzt nur links oben bei unserer Show auf die Sterne klicken. Ganz lieben Dank Euch fürs Zuhören und dann bis zum nächsten Mal.

Alissa Stein: Die Folge wurde präsentiert von Sanofi

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